Kultur


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Und es dröhnt und dröhnt und dröhnt...

Nein, es handelt sich weder um Motorsport noch um den Baustellenlärm um das HTL-Nord-Gebäude. Es ist nicht die Eisenbahn oder eine Horde Amerikaner. Schon gar nicht beschäftigt sich dieser Artikel mit den sanitären Anlagen der HTL (obwohl der Titel gut dazu passen würde), und es geht auch nicht um den Zustand eines bekifften Informatik-Studenten.

von Thomas Begel

Nein, es geht um etwas viel wichtigeres. Etwas, dass die Studenten der IA92 und manchmal deren Dozenten vor Freude im Dreieck springen oder den Ohrenschmalz gefrieren liess. Es geht um Musik.

Wie so jede Klasse dieser Schule hatte auch die unsere einen Dröhnautomaten im Klassenzimmer stehen. So wurde der Streit um dessen drehenden Inhalt (CD) zwar nie mit dem Faustrecht, dafür aber immer öfter mit sportlichen Sprints ausgetragen. Wer war nach dem Klingeln der Schnellste, und wie lange konnte er seinen Lärm mittels Drohgebärden und ausgeklügelten verbalen Returns verteidigen, war die Fuge, äh Frage (oh wie mies...). Wir waren uns zwar alle einig, dass jeder von uns die besten Programme schrieb, aber die Sinne unseres Gehörs nahmen nun wirklich nicht das gleiche wahr. Und so kam's wie es schon immer gewesen sein wird (Futur perfekt !): Die Geschmäcke waren komplett verschieden.

Da gibt es zum Beispiel (ein wirklich extremes Beispiel) einen Stephan Müri, der Liebhaber der Kuschelrockfregatta 1-3245 ist. Er war sich der Extremität seiner Muse zwar bewusst und versuchte sie krampfhaft zu unterdrücken, aber trotzdem kam ich ihm durch gewieftes Abhören auf die Spur, und nun soll er für diese Schande auch büssen! Ein auch besonders tragischer Fall ist ein gewisser Reto Jehle, der nach Insider-Angaben an chronischem Weichspühl-Wahn leidet und deshalb (nach Underground-Forschungen) viele deutsche Schlager kennt, und deren Lieder (nach zweifelhaften eigenen Angaben) auch zu unterscheiden weiss. Bedeckt hielt sich bis anhin Philippe Dubach, von dem man hin und wieder hörte, dass er während langweiligen Lektionen dem Blues eine Lektion erteilte, und kurzerhand ein kleines Liedchen schrieb. Einst wurde er sogar erwischt, wie er sich CD's bestellte, von denen man aber nie was hörte... Ein ganz anderes Musikkaliber hat Bernard Weiersmüller, der trotz seines fortgeschrittenen Alters die 70er Jahre mit Rockröhren wie Led Zeppelin oder Deep Purple verpasste und darum ganz klar zu spät das Licht der Welt erblickte. Er lebt in einer komplett falschen Zeit. Ich bedaure mit ihm die Klasse IA92, die sein tragisches Schicksal oft mitanhören musste. Was eine Fuge ist, fragt der beschallte Leser am besten Pascal Schaub, der früher (als er noch nicht die HTL besuchte) Klaviertasten bearbeitete. Jetzt hat er diese gegen eine Computertastatur eingetauscht, wobei der Unterschied zwischen den beiden akustisch nur für wirkliche Kenner der Klassikszene ausmachbar ist.

An der Klassik voll vorbei gefahren ist Thomas Begel. Dieser Mensch leidet unter der nicht zu unterschätzenden Krankheit Grungus-Wavus-Alternativus. Dieses scheint zwar nicht ansteckend zu sein, da sich die Klasse IA92 trotz vielfachem Anhören als resistent erwies, dafür aber als sehr gefährlich, weil es gegen diese laute Krankheit leider kein Rezept gibt. Christian Weibel hingegen liebt nach eigenen Angaben Musik, die gut ist. Da sogar der letzte Jodler weiss, dass Musik eher eine Frage des Geschmacks denn der Güte ist, erhärtet sich der Verdacht, dass Chr. Weibel irgendwie taub ist. Taub wird sicher Stefan Mühlebach, der eine Vorliebe für die Rockmusik im allgemeinen so wie im besonderen hat. So weist sich der stählerne Konzertgänger als Kenner aller Schröttel-Bands aus. Auch er versuchte sich oft im Erobern des CD-Players, im teuflischen Wissen, dass mindestens die Hälfte der Klasse nach drei Sekunden schnellstens das Weite suchen würde. Zu dieser gehörte sicher nicht Ernst Plüss. Dieser hielt eisern durch und versicherte mutig, dass es ihm nichts ausmacht, wenn die Regler nach rechts gedreht würden. Er bezahlte dafür, indem er ein Ärzte-Konzert als Zweitältester erleben musste (der älteste wurde oben schon erwähnt). Diego Künzi könnte so etwas nie passieren, da er seine Musik sorgfältig auswählt und deshalb die Spannbreite seiner Lieblingsmusik nicht sehr spannend ist. Er kompensiert diesen Verlust gekonnt durch ewiges Anhören und Entdecken von neuen Details der gleichen Lieder, die sich irgendwo zwischen Faith No More und Simple Minds ansiedeln lassen. Sascha Bachmann, der dem Reggae nicht abgeneigt ist, liebt hauptsächlich den Spass an der Musik. Egal ob an einem Sepultura-Konzert oder an einer House-Party.

So, liebe Leser -innen, jetzt wisst Sie, was es heisst, sich zu bedröhnen, in welcher Richtung auch immer. Trotz der verschiedenen Geschmäcke gingen die Gefechte um den Sound meist friedlich zu Ende. Wer weiss, vielleicht liess sich der eine oder andere manchmal gerne bedröhnen, obwohl er diesen Stil eigentlich hasste.


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