Inland


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Mysteriöse Vorgänge in Lenk aufgeklärt

Was spielte sich hinter den Mauern des Chalets ausserhalb des Dorfes ab? Der Ausscheider hat recherchiert. Die Einwohner der Gemeinde Lenk können endlich aufatmen.

von Pascal Schaub

Alles begann damit, dass sich sechs gepflegte junge Herren mit ihren Aktenkoffern und leichtem Handgepäck am Bahnhof Lenk einfanden. Ihr Verhalten wirkte da schon überaus verdächtig. Gemäss Augenzeugenberichten verliessen sie das Dorf mit einem weissen VW-Polo. Was hatten sie hier verloren? Hielt das organisierte Verbrechen nun auch in der idyllischen Bergwelt des Berner Oberlandes Einzug? In den kommenden Tagen verschärften sich die Verdachtsmomente. Jeden Morgen tätigten zwei der Herren die Einkäufe. Man hätte meinen können, sie verpflegen eine ganze Armee. Ihren Polo vollgepackt verliessen sie jeweils schnell wieder das Dorf. Niemand kannte sie, ihre Behausung musste jedoch in der unmittelbaren Umgebung des Dorfes zu finden sein. Die Einwohner des Dorfes waren beunruhigt. Wo hielten sich die Männer verborgen? Zumindest ihr auffälliger Wagen müsste doch zu finden sein.

Nach umfangreichen Nachforschungen stellte sich heraus, dass der Polo in einer Tiefgarage geparkt wurde. Die Ermittlung des Besitzers brachte nichts neues, doch endlich entdeckte man ihr Heim, ein nahegelegenes Chalets.

Ihr Verhalten warf neue Fragen auf. Stundenlang brüteten die über Büchern, machten sich Notizen und diskutierten oft heftig und lautstark. Planten sie ein Verbrechen? Endlich verliessen sie das Haus unter Tage, zu Fuss Richtung Simmenfälle. Die Männer blieben sehr wortkarg und da plötzlich fragte der eine: "Lüütnant, isch es no wiit, i mag nümme?”, worauf dieser, offenbar der Anführer der Gruppe, hämisch grinste.

Fanatiker, Terroristen?

Man befürchtete das Schlimmste. Rund um die Uhr wurden sie nun überwacht. Legten die Männer ihre Arbeit endlich nieder, so scherzten sie und vertilgten Unmengen von Delikatessen. Darauf liessen sie sich in grossen Polsterstühlen nieder. Immer in den frühen Morgenstunden vor dem Einkauf schallten agressive Technobeats über die Weiten der Landschaft. Welche Absichten standen wohl dahinter?

Nach umfangreichen Recherchen des Ausscheiders stellte sich heraus, dass es sich bei den Herren nicht um Verbrecher, sondern um Studenten der HTL Brugg-Windisch handelte. Doch zu welchem Zweck zogen sich diese in die Abgeschiedenheit der Berge zurück? Der Laie staunt, aber sie nutzten lediglich ihre wenigen Ferientage zur Vorbereitung auf weitere Höchstleistungen, die Vordiplomprüfungen, wann auch sonst fänden sie die Zeit dazu. Der Erfolgsdruck ist offenbar enorm. In der Prüfungswoche darf sich ein Student keinen schlechten Tag leisten. Ein kleiner Schnitzer am Diplom genügt und dessen Note repräsentiert nicht die vom Student fleissig erarbeiteten Semesterleistungen sondern die Föhnlage oder die Tiefen der Biorythmuskurve am Prüfungstag.

Ein Interview mit einem der Studenten klärte auch ihr oft sonderbares Verhalten. So galten als Lernziele im allgemeinen die Mahlzeiten, bei denen ausgiebig geschlemmt wurde, denn was hatte eine arme Studentenseele nicht alles nachzuholen. Die Spaziergänge, die Bergluft und die harten Technobeats galten einzig dem Zwecke, den von der HTL gepeinigten Körper zu reinigen.

Anreiz an die Touristikbranche

Die Tatsache, dass sich die Studenten für ihre Diplomvorbereitungen in die Berge zurückziehen, lieferte der Touristikbranche wichtige Impulse. Bereits wird in den Verkehrsvereinen heftig debattiert; die ersten Ferienangebote sind sicherlich nächstens zu erwarten.


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