Ia92


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Abriss

von Thomas Begel

27 Studenten versuchten es insgesamt in der Klasse Ia92 der Höheren Technischen Lehranstalt in Brugg-Windisch, den Titel des diplomierten Informatik-Ingenieurs zu erreichen. 11 davon werden es maximal schaffen. Auf diese Leistung können sie stolz sein, ohne Zweifel. Sie wurden oft geprüft, oft mit Laboraufgaben und anderen Dingen beschäftigt. Irgendwo heisst es so schön in einer Broschüre der HTL, dass die Studenten diese Aufgaben zu erfüllen haben, um nicht den Bezug zur Praxis zu verlieren. Geprüft werden sie, um dem späteren Leistungsdruck in der Berufswelt stand zu halten.

Man wird in allen möglichen und unmöglichen Fächern geprüft. Geschrieben werden diese Prüfungen von mehr oder weniger kompetenten Lehrkräften, die übrigens von niemandem geprüft werden. Diese lassen nicht mit sich spassen, denn sie sind ja schliesslich nicht hier um geliebt zu werden. Zwei Beispiele: Der Dozent im Fach Mikrorechner, Herr C. Nicola, spielt nach eigener Aussage gern mit den Noten, um die Studenten zu motivieren. Herr H.P. oser, Abteilungsvorstand der Abteilung Informatik, gibt hin und wieder gerne zu, dass juristisch gesehen seine Prüfungsaufgaben anders interpretiert werden können, gibt aber trotzdem keine Punkte dafür, da er seine Aufgaben nicht nach juristischen Kriterien stellt und gibt deshalb mehr als der Hälfte der Klasse keine Punkte, die eigentlich nur eine gestellte Aufgabe erfüllen. Die Frage sei hier erlaubt, warum Herr oser nicht Dinge tut, die er kann. Wenn es knapp wird mit der Notengebung wird dann auf die mündliche Mitarbeit verwiesen (bei Noten von schriftlichen Prüfungen) oder es wird darum gestritten, ob dieser Buchstabe nun ausradiert ist und ob der Abstand zwischen Variable und Gleichheitszeichen einem Blank entsprechen könnte oder nicht.

Wohl gemerkt, der Artikel befasst sich nicht mit dem Kindergarten in Windisch.

Wer schaut, dass die Varianz der Härte bezüglich Fächer und deren Prüfungen nicht zu gross wird? Wer gibt Sicherheit, dass eine Gerechtigkeit gegenüber den Studenten gewährleistet bleibt? Die Antwort ist: Die gleichen Personen, die die Prüfungen schreiben und die Gerechtigkeit auf ihre Weise interpretieren. Dies kann leicht dazu führen, dass ein Student nicht nur fachlich beurteilt wird. Dies ist nicht fair, wenn man bedenkt, was für den Studenten auf dem Spiel steht und was für den Dozenten. In dieser Hinsicht hat unsere HTL sicher noch grossen Nachholbedarf. An ähnlichen Schulen im Ausland wäre es zum Beispiel nicht denkbar, dass die gleiche Lehrperson, die ein Fach unterrichtet, die Studenten dann mündlich an Diplomprüfungen prüft. Ähnlich sieht es bei der Korrektur von schriftlichen Prüfungen aus. Der Geprüfte kann lediglich durch eine Nummer bestimmt werden und wird zusätzlich von mindestens einer anderen unabhängigen Person korrigiert. An der HTL korrigiert der bekannte Dozent und dieser wird lediglich von einer anderen Fachkraft nochmals überprüft, natürlich immer mit dem Wissen im Kopf, wer dieser Student ist.

Es ist gibt an dieser Schule Dozenten, die glücklicherweise (fairerweise?) human aus der Sicht der Studenten korrigieren und keine Noten unter 3 geben. Andere sind knallhart, was auch ihr Recht ist, und benützen zur Bewertung der Prüfung die ganze Notenskala. Gut für den Studenten, der seine Stärken bei einem solchen Dozenten hat. Pech für den, der seine Schwächen dort hat. Es ist verständlich, dass der Abschluss nicht geschenkt werden soll, nur sollte nie vergessen werden, dass viele dieses Ziel nicht erreichen aus oben genannten Gründen. Einige unserer Abgänger während der Studienzeit wären ganz sicher fähig gewesen, den Abschluss zu schaffen. Das ist nicht nur tragisch für sie, sondern auch schade für unsere Schule, schade für die Schweizer Industrie.

Für unsere Nachfolger wünsche ich mir, dass sie sich hin und wieder nicht nur nach dem wie, sondern auch nach dem warum fragen. Hinterfragt nicht nur das, was einfach ist. Wenn ihr das Gefühl habt, Recht zu haben, oder eine neue Idee im Kopf habt, dann kämpft auch für eure Rechte und Ideen, auch wenn es nicht der einfachste Weg ist.


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