Ausland


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Zwischenfall mit Folgen ?

Während der Diplomreise der Klasse Ia92 in München kam es am letzten Tag zu einem delikaten Vorfall, der die Beziehungen zwischen den USA und der Schweiz erheblich beeinträchtigen könnte. Weder die Regierung Clinton noch der Bundesrat nahmen bis zum jetzigen Zeitpunkt Stellung zu diesem Zwischenfall.

von Diego Künzi

Es ist davon auszugehen, dass die beiden Staaten ihre Botschaften nicht schliessen und somit keine Konsequenzen aus dieser Krise ziehen. Es sieht so aus, als ob die peinliche Angelegenheit von beiden Seiten totgeschwiegen wird. Der Ausscheider ist jedoch der Sache auf den Grund gegangen und hat die Vorfälle unter die Lupe genommen.

Tatort Pension Flora

Die Klasse Ia92 weilte bereits seit einer Woche in der ruhigen Pension Flora in der Nähe des Hauptbahnhofs und genoss friedlich die sonnigen Tage in München. Die Lage verschlechterte sich gegen Ende der Woche, als am Donnerstag abend eine riesige Reisegruppe aus den USA eintraf und sogleich fast die ganze Pension in Beschlag nahm. Zahlenmässig waren die Besucher aus Brugg der Gruppe aus den Vereinigten Staaten etwa im Bevölkerungsverhältnis der beiden Länder unterlegen und musste sich damit abfinden, sich den Weg zu ihren Zimmern durch die auf den Gängen herumlungernden jugendlichen Amerikaner zu bahnen. Die Tatsache, dass die Gäste aus Übersee jeweils das Frühstücksbüfett zu früher Stunde hemmungslos und wie ein Heuschreckenschwarm plünderte, trug auch nicht gerade zu ihrer Beliebtheit bei. Im weiteren verschwanden in der Nacht vom Donnerstag auf den Freitag auf unerklärliche Weise die Adidas-Turnschuhe von R. Jehle. Bis zum heutigen Tag konnte der Verdacht nicht entkräftet werden, dass sie von einem US-Boy (oder -Girl), die ja bekanntlich mit Turnschuhen zur Welt kommen, entwendet wurden.

Der Funke ins Pulverfass

Bis zum Abreisetag hielt sich die Diplomklasse aus Brugg ruhig und nahm die misslichen Bedingungen ohne zu murren hin. Die Lage spitzte sich jedoch am Morgen des letzten Tages in München zu, als die Amerikaner bereits um acht Uhr im dritten Stock auf dem Gang des Zimmers 36, in dem drei Studenten der Klasse Ia92 den Schlaf des Gerechten schliefen, eine Lärmerei veranstaltete, die ihresgleichen suchte. Auf- und zugestossene Türen, schwere und "jumpende" Schritte, lautes Geplapper und Rap-Klänge weckten die friedlich schlafenden Schweizer.

David gegen Goliath

Natürlich waren die aus ihren Träumen Gerissenen nicht sonderlich erbaut über diese Belästigung. D. Künzi, der nach einem Besuch der lokalen Techno-Disco erst um vier Uhr morgens ins Bett kam, fluchte leise vor sich hin und hielt sich das Kissen über den Kopf. Auch R. Jehle, gezeichnet von einer überstandenen Grippe, konnte seinen Unmut nicht verbergen. Die Situation eskalierte, als B. Weiersmüller, der dritte Zimmergenosse, ob dem Gelärme plötzlich die Nerven verlor. Wutentbrannt und schlaftrunken stand er auf, öffnete die Zimmertür und sprach in giftigem Tonfall zu den völlig verdutzten Amerikanern: "Hey guys - shut up or get the (zensuriert, die Red.) out of here!" Für einen Moment lang herrschte Totenstille - R. Jehle und D. Künzi sahen sich erschrocken an und rechneten bereits mit dem Schlimmsten - doch nichts dergleichen geschah. Noch während weniger Minuten war ein leises Gemurmel vor dem Zimmer vernehmbar, dann kehrte wieder Ruhe ein.

"Wollte einfach meine Ruhe."

Auf die Frage, woher B. Weiersmüller den Mut für dieses Himmelfahrtskommando hergenommen hat, antwortete dieser trocken: "Ich wollte einfach meine Ruhe haben." Offensichtlich war er sich der Tragweite nicht bewusst, die diese Aktion für die Beziehungen zwischen der Schweiz und der USA haben könnte. D. Künzi, dem der Schrecken noch im Gesicht stand, meinte dazu: "Zuerst dachte ich, er sei übergeschnappt, das waren bestimmt 30 Amis auf dem Gang. Für kurze Zeit bangte ich um seine Gesundheit." R. Jehle, der aus verständlichen Gründen noch unter Schock stand, war zu keiner Aussage fähig. Trotzdem konnte der mutige Einsatz als Volltreffer bezeichnet werden, und vielleicht ist dem einen oder anderen "US-Guy" der Gedanke gekommen, dass auf dieser Welt neben Amerikanern tatsächlich noch andere Menschen existieren.


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